Es ist mittlerweile fester Bestandteil des Deutschen Schulleitungskongresses (DSLK): Die Veröffentlichung der repräsentativen Befragung von über 1.300 Schulleitungen durch forsa, beauftragt durch den Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Kooperation mit FLEET Education Events. Es ist nach 2018 und 2019 sowie den beiden Erhebungen 2020 (März und November) die fünfte ihrer Art.
„Die Politik ignoriert die Realität an den Schulen und bürdet den Schulleitungen immer mehr Aufgaben auf. Die Konsequenz könnte deutlich härter ausfallen als die Verantwortlichen sich das momentan vorstellen. Schon jetzt herrscht Schulleitungsmangel. Die Umfrage, die wir seit 2018 durchführen, zeigt einen klaren Negativtrend. Die Motivation schwindet, die Ernüchterung gewinnt. Es wäre nicht verwunderlich, wenn dann aus der inneren Kündigung bald Taten werden!“, warnt Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).
Die Ergebnisse zeigen eine Situation, die sich stetig zuspitzt: Immer mehr Aufgaben, immer weniger Zeit. Alleingelassen von der Politik und nicht ausreichend unterstützt sehen sich Schulleitungen so großen Herausforderungen gegenüber, dass 21 Prozent der unter 55-Jährigen angeben, diesen Beruf in zehn Jahren voraussichtlich nicht mehr auszuüben. Hinzu kommt, dass fast die Hälfte aller Befragten den Beruf „wahrscheinlich nicht“ oder sogar „auf keinen Fall“ weiterempfiehlt.
Der Aussage, den Beruf momentan „sehr gerne“ auszuüben, stimmen heute halb so viele Befragte zu wie 2019, nämlich nicht mal jede dritte Schulleitung. Dafür versechsfachte sich in dieser Zeit der Wert derer, die eher bzw. sehr ungern ihrem Job nachgehen: von 4 auf 25 Prozent.
Besonders betroffen ist die neue Schulleitungsgeneration unter 40 Jahren. „Die Politik muss endlich verstehen: Wenn sie nichts ändert, werden wir die Jüngeren direkt zu Beginn ihrer Führungslaufbahn wieder verlieren, also bevor sie richtig begonnen haben“, so Beckmann. Während 39 Prozent aller Befragten antworten, nur „gelegentlich“ mit der eigenen Arbeit zufrieden zu sein, ist es bei den unter 49-Jährigen die Hälfte. Die Arbeitsmotivation der Hälfte aller Befragten veränderte sich während der Coronakrise zum Negativen. Bei den unter 40-Jährigen gaben dies 62 Prozent an. Und nicht zuletzt sind sie so ernüchtert, dass ein Viertel den Job „auf keinen Fall“ weiterempfehlen würde (insgesamt: zehn Prozent der Befragten). „Das ist kein Alarmzeichen mehr. Nein, das Haus brennt bereits lichterloh! Und wenn die Politik nicht bald zum Löschen kommt, bleibt von dieser Schulleitungsgeneration, die voller Elan angetreten ist, Schule weiterzuentwickeln, nichts übrig außer ausgebrannt und desillusioniert zu sein“, kommentiert Beckmann die Befunde.
Das größte Problem bleibt der Lehrkräftemangel und er verschärft sich weiter. Gaben 2018 noch etwas über ein Drittel der Befragten an, dass sie mit Lehrkräftemangel zu kämpfen haben, war es 2019 schon die Hälfte. Nun sind es fast zwei Drittel. Besonders betroffen sind Förderschulen. An jeder vierten Förderschule fehlt fast jede fünfte Lehrkraft. Damit steigt auch der Bedarf an Seiteneinsteigenden. Mittlerweile hat sich die Quote der Schulleitungen, welche diese beschäftigen, deutlich auf 58 Prozent erhöht.
Die Politik erhält ein miserables Zeugnis. So stimmen 80 Prozent der Schulleitungen der Aussage zu, dass die Politik bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht ausreichend beachtet. Von den zuständigen Ministerinnen oder Ministern fühlten sich 2019 noch zehn Prozent unterstützt, doch mittlerweile nur noch zwei Prozent der Befragten. Der VBE Bundesvorsitzende macht deutlich: „Die Note 4,2 für die Bildungspolitik ist eine weitere Verschlechterung im Vergleich zu den Vorjahren. Besonders bitter: 42 Prozent der befragten Schulleitungen würden die Schulpolitik im eigenen Bundesland mit einer Note 5 oder 6 durchfallen lassen. Hier wurde viel Enttäuschung provoziert!“
Lichtblick ist die digitale Ausstattung an den Schulen. 93 Prozent der Befragten geben an, Anträge auf Gelder des Digitalpakts gestellt zu haben. Die Verfügbarkeit von Breitbandinternet konnte von 36 auf 54 Prozent gesteigert werden, die Verfügbarkeit von Klassensätzen an Tablets oder Smartphones zumindest für einige Klassen einer Schule hat sich von 35 auf 71 Prozent verdoppelt. Zudem gibt mittlerweile fast die Hälfte der Schulleitungen an, dass fast alle Lehrkräfte eine Fortbildung besucht haben. 2020 war es nur ein Viertel. „Wir sind weit entfernt von dem viel beschworenen Digitalisierungsschub, aber einen Ausstattungsschub sehen wir deutlich. Was nun fehlt, sind innovationsfördernde Impulse. Seien es mehr Fortbildungen, sei es die Möglichkeit des Ausprobierens, ohne vorher ein theoretisches Konzept geschrieben haben zu müssen oder schlicht die Übernahme von Kosten für Spiele-Apps. Die Politik muss Digitalisierung auch möglich machen wollen!“, fordert Beckmann.
Die Umfrage wurde auf dem vom 25. bis 27. November 2021 in Düsseldorf stattfindenden Deutschen Schulleitungskongress veröffentlicht. FLEET Education Events und der VBE richten den Kongress zusammen aus. Axel Korda, Geschäftsführer FLEET Education Events, betonte: „Wir freuen uns, in diesem Jahr das 10jährige Jubiläum des DSLK zu feiern und wir sind stolz, dass wir den Schulleitungen in Deutschland ein Forum mit so hoher Relevanz bieten können. Gerade in dieser herausfordernden Zeit ist so ein Format unglaublich wichtig. Wir wollen den Teilnehmenden mit dem DSLK ein ganz besonderes Fortbildungserlebnis ermöglichen. Hochkarätige Speaker blicken aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf zukunftsweisende Themen. Damit sich das Motto des Kongresses schon morgen umsetzen lässt: ‚Schulen gehen in Führung‘.“