Für diese Lehrer gab es keine Boni

Vor einigen Monaten erhielt ich eine Wutmail von einem Gymnasiallehrer für Geografie, Geschichte und Wirtschaftslehre, Jahrgang 70, 1.Staatsexamen 1995, danach Bundeswehr, 2.Staatsexamen 1998, danach nicht eingestellt, erste Anstellung 2000, keine Verbeamtung.

Worüber könnte der Kollege verärgert sein?

Natürlich wissen nicht nur Insider, dass die Verbeamtung eine erhebliche finanzielle Besserstellung ist, die ab 2003 aber nur für Lehrer in Mangelfächern (z.B. Fremdsprachen) vorgesehen war. Grund für das Angebot der Landesregierung: Die Fremdsprachenlehrer aus den alten Bundesländern, die nach 1990 eingestellt wurden, gingen zurück, weil sie dort verbeamtet werden konnten. Also hatte er das falsche Fach studiert, aber seiner Heimat Sachsen-Anhalt wollte er nicht den Rücken kehren. Ab 2010 wurden alle Neueinstellungen verbeamtet, da der von allen vorhergesagte Lehrermangel tatsächlich eintrat und junge Lehrer bevorzugt dort hingingen, wo verbeamtet wurde. Jetzt war der Kollege zu zeitig geboren. Aber noch nicht 45 Jahre alt! Er hätte noch verbeamtet werden können. Für seine Treue zum Land Sachsen-Anhalt wurde er wieder nicht belohnt.

Seit 2020 nehmen die Neueinstellungen massiv zu. Jedes Jahr ist eine erhebliche Anzahl von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst sowie von Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern zu betreuen. Die Betreuenden sind häufig die nicht verbeamteten und in Vollzeit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen. Darunter sind nicht wenige, die seit vielen Jahren durch Engagement und Kompetenz zu den verlässlichen Säulen im pädagogischen Alltag ihrer Schule gehören. Mit der Einführung von Beförderungsämtern, aber bisher nicht erfolgt, bestände die Möglichkeit die Leistungen dieser Kolleginnen und Kollegen anzuerkennen. Für eine Verbeamtung sind sie nun zu alt. Sie würden sich jetzt auch über Altersteilzeitangebote freuen. Solche Möglichkeiten sind in Zeiten des Lehrermangels natürlich abgeschafft worden.

Wer ist eigentlich schuld am Lehrermangel?

Der VBE hat schon vor mehr als 20 Jahren auf das Problem hingewiesen und Maßnahmen zur Erhöhung der Anzahl der Studierenden auf Lehramt sowie eine vorausschauende Einstellung von jungen Lehrern gefordert.

Die Landesregierung hat viel zu lange an dieser Stelle gespart. Viele der Verantwortlichen sitzen noch im Landtag oder auf der Regierungsbank wie z.B. Frau Feußner, Herr Schellenberger, Herr Haseloff. Aber Politikerinnen und Politiker planen maximal 4 Jahre voraus. Über die Lösung von Problemen denken sie erst nach, wenn öffentlicher Druck, Gerichtsurteile oder sinkende Umfragewerte sie dazu zwingen. Rationale Entscheidungen auf der Grundlage von Fakten werden nicht getroffen. Zum Schluss wird öffentlich wirksam gezeigt, dass man mit Hochdruck an der Verbesserung der Personalsituation arbeitet.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Leider in diesem Fall nicht, sondern die Bestraften sind die Lehrerinnen und Lehrer. Die müssen jetzt mehr und länger arbeiten.

Vor 15 Jahren wurden Kollegen über 55 nicht mehr als Klassenleiter eingesetzt. Heute sind sie noch mit über 60 als Klassenleiter tätig. Auch die Absenkung der Pflichtstundenzahl ab 55 und 60 wurde abgeschafft. Damit sinkt natürlich das Interesse der Betroffenen länger zu arbeiten.

Es ist für mich verständlich, dass bei diesem Teil der Lehrerschaft die berufliche Motivation immer geringer wird. Beschäftigte, deren Firmenleitung ihre jahrelange Treue zur Firma nicht materiell anerkennt, aber anderen Beschäftigten schon bei der Einstellung lukrativere Angebote macht, um sie zum Einstieg in die Firma zu bewegen, sollten die Firma so schnell wie möglich verlassen.

Spätestens ab 60 heißt es: Wo ist die Kurve, die ich kratzen kann?

 

Hilmar Penne,

Leiter des Referates Gymnasien

Fähigkeiten

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Gepostet am

9. Februar 2024

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