„Das waren zwei verlorene Tage und wenn die Finanzminister der Länder so weitermachen, fahren sie die Verhandlungen komplett vor die Wand.“ Mit diesen Worten kommentierte dbb Chef Ulrich Silberbach das ‚Nicht-Ergebnis’ der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder am 2. November 2021 in Potsdam.

„Während die Ministerpräsidenten bei jeder Gelegenheit öffentlich Respekt und Wertschätzung für die Leistung der Kolleginnen und Kollegen betonen, blockieren Reinhold Hilbers und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hier alle konkreten Verhandlungsfortschritte“, so der dbb Bundesvorsitzende. Weder bei den strukturellen Fragen noch bei der linearen Komponente sei man weitergekommen. „Die Inflation steigt, die Arbeitsbelastung steigt, der Frust der Kolleginnen und Kollegen über die TdL-Blockade steigt. In den nächsten Tagen werden deshalb auch Frequenz und Dauer unserer Warnstreiks steigen müssen. Das hätten wir dem Land gerne erspart.“

Besonders ärgerlich sei die Arbeitgeberhaltung gegenüber den eklatanten Problemen im Gesundheitsbereich, ergänzte der dbb Tarifchef Volker Geyer: „Hier sieht die TdL überhaupt keinen Handlungsbedarf und spricht von einer zeitlich begrenzten Corona-Belastungsspitze. Statt die immer wieder geforderte Stärkung der Pflege jetzt endlich am Verhandlungstisch umzusetzen, wird das ganze Thema kalt blockiert, zu Lasten der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten. Das ist unerhört.“

Bereits im Vorfeld der zweiten Verhandlungsrunde hatte dbb Chef Silberbach gewarnt: „Die Zeit läuft uns davon, bei den Verhandlungen genauso wie bei der Stärkung des öffentlichen Dienstes. Statt konkret darüber zu sprechen, wie wir die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes auf einem immer härter umkämpften Arbeitsmarkt stärken, belasten sie die Gespräche mit Forderungen nach substantieller Verschlechterung der Bezahlung wie etwa der Neubewertung des Arbeitsvorgangs. Der TdL-Verhandlungsführer Hilbers und die ganze Tarifgemeinschaft deutscher Länder sollten sich langsam klar machen, dass mindestens ein Drittel ihrer Beschäftigten in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Der Personalmangel der Länder wird sich also radikal verschlimmern. Geld, das sie jetzt nicht in eine attraktive Bezahlung investieren, werden die Landesfinanzministerinnen und -finanzminister bald drei- und vierfach in Nachwuchswerbung und Einstiegsprämien stecken müssen.“

Auch im Interview mit der Welt am Sonntag (Ausgabe vom 31. Oktober 2021) hatte Silberbach das Problem bereits angesprochen. „Wir befinden uns in einem Kampf um Talente und haben dabei nur stumpfe Waffen. Attraktive Bezahlung, Digitalisierung, Weiterbildung – da haben wir nichts anzubieten. Und die Arbeitgeber verweigern Lösungen.“ Als konkretes Beispiel nannte Silberbach die Situation der Beschäftigten im Gesundheitsbereich: „Wir wollen von den Arbeitgebern eine konkrete Zusage, dass wir an einem Extra-Tisch über die Löhne und Arbeitsbedingungen dort verhandeln.“ 300 Euro pro Monat mehr sollen die Beschäftigten hier nach dem Willen der Gewerkschaften mindestens erhalten. Für Pflegehelfer zum Beispiel entspräche das einem Plus von bis zu 12,8 Prozent. „Die Personalsituation ist hier besonders kritisch“, argumentiert der dbb Chef. „Der Gesundheitsminister reist inzwischen durch fremde Länder, um Beschäftigte zu gewinnen. Und private Arbeitgeber werben mit Prämien von bis zu 15.000 Euro, um Leute aus dem öffentlichen Dienst abzuwerben.“ Hier müssten kurzfristig deutliche Verbesserungen erreicht werden.

Unzufriedenheit sicht- und hörbar machen
Bis zur – hoffentlich – entscheidenden Abschlussrunde sind jetzt drei Wochen Zeit. „Diese Zeit müssen wir gemeinsam nutzen“, schwor dbb Tarifchef Volker Geyer Verhandlungskommission und Bundestarifkommission des dbb auf anstrengende Wochen ein. „Damit es am 1. Advent einen Abschluss gibt, müssen wir den Druck hochhalten. Bundesweit und mit möglichst allen Berufsgruppen. Mit den Vorbereitungen für bundesweite Maßnahmen werden wir augenblicklich beginnen.“ Auch, wenn die Umstände schwierig sind, wir müssen die Unzufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen auf die Straße bringen.“ Geyer weiter: „Die TdL rechnet vielleicht damit, dass die schwierigen Umstände die Kolleginnen und Kollegen von Streiks und Aktionen abhalten. Zeigen wir ihnen, dass sie sich verrechnet haben!“

Darüber, wann und wo Aktionen stattfinden werden, wird der dbb seine Fachgewerkschaften zeitnah unterrichten.
Weitere Infos zur Einkommensrunde finden sich auf den Sonderseiten des dbb unter www.dbb.de/einkommensrunde-2021.html.

vbe-redaktionsteam

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