Kurz vor Ostern legte das Bildungsministerium den Vertretern des Landesschulbeirates einen Änderungsentwurf der Versetzungsordnung ins Osternest. Entgegen sonstigen Osterüberraschungen entpuppte sich diese Ostergabe als faules Ei.
Neben einer Erweiterung der Möglichkeiten einer Wiederholung des Schuljahres oder einer Umstufung zum Schulhalbjahr auch für die Klassenstufe 9 im Sekundarschulbereich enthält der Entwurf zwei kleine, aber gravierende Änderungsvorschläge:
- die Leistungen mit „i.b.“ (individueller Bewertung) bewerteter Fächer sollen mangelhaften Leistungen gleichgestellt werden
- das Heraufsetzen der Leistungsschranke für die Einstufung in den auf den Realschulabschluss bezogenen Unterricht
Zu diesem Änderungsentwurf hat der VBE Sachsen-Anhalt eine Stellungnahme abgegeben.
Dazu heißt es in der Stellungnahme der Versetzungsordnung:
[(2a) Auf der Grundlage von individuellen Leistungen bewertete Fächer („i.B.“) sind mangelhaften Leistungen gemäß dieser Verordnung gleichgestellt.]*
„…Die Einführung des Absatzes 2a im § 4 lehnt der VBE Sachsen-Anhalt schlichtweg ab. Die darin enthaltene Gleichstellung der Leistung (Zeugnisnote) von individuell bewerteten Fächern mit einer mangelhaften Leistung (Note 5) ist ein Schlag in das Gesicht derjenigen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht. Diese Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte bemühten und bemühen sich um das Erreichen von Leistungen, Wissenszuwachs und um das Erlangen von Fähigkeiten und Fertigkeiten während der letzten 13 Monate. Und jetzt soll das alles wertlos sein?
An dieser Stelle sei ein Verweis auf den § 10 Abs. 1 (neu) und Abs.2 zu machen.
Der VBE Sachsen-Anhalt fordert die Streichung dieses vorgesehenen Absatzes 2a im § 4. Dieser Absatz ist unnötig und überflüssig!
[§ 6 – Besondere Bestimmungen für die Sekundarschule
(1) In der Sekundarschule erfolgt die Einstufung in den auf den Realschulabschluss bezogenen Unterricht für die Schülerinnen und Schüler, die im Jahreszeugnis des 6. Schuljahrganges durchgängig mindestens ausreichende befriedigende Leistungen bei höchstens einer auszugleichenden mangelhaften ausreichenden Leistung in einem sonstigen versetzungsrelevanten Fach nachweisen. § 4 Abs. 7 gilt entsprechend.]*
Im § 6 Abs. 1 der Versetzungsordnung findet sich eine weitere Verschlechterung für die Schülerinnen und Schüler. Mit der Hochsetzung der Anforderungen auf die Einstufung in der auf den Realschulabschluss bezogenen Unterricht wird die bisherige Situation um die Zuordnung zum auf den Hauptschulabschluss bezogenen Unterricht verschärft. Die betreffenden Schülerinnen und Schüler werden noch mehr ausgegrenzt und die soziale Ungleichheit in Sekundar-, Gemeinschafts- und Gesamtschulen wird noch größer. Zum anderen erfordert eine größere Zahl an Schülerinnen und Schülern von den betroffenen Schulen:
- eine wesentlich stärkere Belastung an binnendifferenziertem Arbeiten durch die Lehrkräfte, sollten keine eigenständigen Klassen für den Hauptschulabschluss bezogenen Unterricht gebildet werden;
- eine größere Zahl an Lehrerwochenstunden bis hin zu einer größeren Zahl an Lehrkräften, da mit einer Bildung von eigenständigen Klassen für den auf den Hauptschulabschluss bezogenen Unterricht zu rechnen ist
- entsprechende Klassenraumkapazitäten in den Schulgebäuden.
Warum ist eine solche Verschärfung notwendig?
Für den jetzigen Schuljahrgang 6 kann eine solche neue Regelung gar nicht gelten. Die zum Schulhalbjahr vorgenommenen Beratungen der Eltern bzw. Personenfürsorgeberechtigten erfolgte unter anderen Voraussetzungen. Angesichts der seit März 2020 erfolgten Schulschließungen und teilweisen Schulöffnungen bestanden und bestehen für den jetzigen Schuljahrgang 6 sowie auch für den jetzigen Schuljahrgang 5 keinerlei Möglichkeiten einer optimalen schulischen Entwicklung.
Der VBE Sachsen-Anhalt lehnt die Neufassung des § 6 Abs.1 aus den obengenannten Gründen kategorisch ab! …
Abschließend noch einmal der dringende Hinweis: § 4 Abs. 2a und § 6 Abs. 1 als vorgeschlagene Änderungen sind zurückzunehmen!“
In den seit dem 12.04.2021 laufenden Schulleiterdienstberatungen für den Bereich der Sekundarschulen werden den Schulleiterinnen und Schulleitern diese im Entwurf (!!!) vorgelegten Änderungen durchaus als geltendes Recht verkauft. Insbesondere die Neufassung des § 6 Abs.1 solle angeblich sogar rückwirkend gelten.
Das würde für die Kolleginnen und Kollegen, die in den 6. Klassen die Beratungsgespräche mit den Eltern geführt haben, eine Missachtung und Annullierung der Beratungsergebnisse bedeuten.
Wie sehr die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Lehrerinnen und Lehrern gerade in dieser Zeit darunter leiden würde, braucht an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden.
Für den VBE Sachsen-Anhalt ist es völlig unverständlich, wieso gerade jetzt die Schulleiterinnen und Schulleiter, und damit auch die Schulen im Land, mit Änderungsentwürfen völlig verunsichert werden.
vbe-redaktionsteam