Halle, 09.03.2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit dem vollmundig angekündigten bildungspolitischen Dialog, zu dem unser Ministerpräsident am 19.01.2023 geladen hatte – von Dialog war dort nichts zu spüren – geisterte sie durch die Lehrerzimmer, seit Dienstag, dem 07.03.2023 ist sie nun traurige Realität.

Die Landesregierung hat beschlossen, dem überwiegenden Teil der Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen Sachsen-Anhalts eine sogenannte „Vorgriffstunde“ aufzubürden. Alle Argumente, Appelle und Demonstrationen gegen diesen Beschluss wurden von den Regierenden ignoriert.

Natürlich ist in unseren Kollegien aber auch in den Schulleitungen die Wut groß. Durch diese unnütze Mehrarbeit wird kein einziger zusätzlicher Chemie-, Englisch- oder Mathematiklehrer generiert. Es ist ein unausgegorenes Rechenexempel. Die aus der jahrzehntelangen Untätigkeit der Verantwortlichen entstandene Mangellage soll nun von uns Lehrkräften ausgebadet werden!

Was ist nun zu tun? Auf unserer heutigen Sitzung des Landesvorstandes des VBE haben wir dazu ausführlich beraten. Natürlich möchten wir Sie vom Ergebnis dieses Austausches in Kenntnis setzen.

In einem ersten, von Wut und Zorn geprägten Reflex war von verschiedenen Seiten zu hören: „Da hole ich mir einen gelben Schein!“. Dies kann aber keine Lösung sein, unkollegiales Verhalten bringt uns nicht weiter! Auch gibt es bei dem einen oder der anderen die Überlegung, ganz das Handtuch werfen und zu kündigen. Kann man machen, aber mal im Ernst… dazu lieben wir doch unsere Arbeit viel zu sehr, oder?

Zunächst können wir nur dazu raten, einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung zu stellen. Den muss der Arbeitgeber prüfen. Nach derzeitiger Rechtslage dürfte ihm die Begründung einer Ablehnung sehr schwerfallen. Es wäre doch ein schöner Witz, wenn infolge der „Vorgriffsstunde“ das verfügbare Arbeitszeitvolumen sinken würde. Also, nur zu! Sehen Sie sich Ihre persönliche Situation an, gehen Sie in sich!

Sollten Sie sich gegen diese Option entscheiden, haben Sie die Möglichkeit, die geleisteten „Vorgriffstunden“ auf einem Ausgleichskonto für später anzusparen. Später heißt in dem Fall: Nach 10 Jahren wird eine Abgeltung in Aussicht gestellt. Da unsere Lehrerzimmer nicht als Jugendtreff bekannt sind, könnte dieser Zeithorizont für viele absolut inakzeptabel sein! Auch ist eine schwierige Abgrenzung zwischen MMZ- Stunden, angeordneter und freiwilliger Mehrarbeit bzw. eine Aufrechnung gegenüber der Jahresarbeitszeit der Beschäftigten an den Berufsschulen absehbar. In schlechter Erinnerung haben viele von uns auch noch den gescheiterten ersten Anlauf der Arbeitszeitkonten Anfang der 2000-er Jahre. Überlegen Sie sich also – ausgehend von Ihrer persönlichen Situation – genau, ob dieses Ausgleichskonto für Sie die richtige Wahl ist. Nach derzeitigem Stand wäre auch eine regelmäßige Vergütung dieser Stunde möglich.

Im Moment sind alle Diskussionen noch mit viel Kaffeesatzleserei verbunden. Bis auf die Pressemitteilung der Landesregierung vom 07.03.2023 und dem Schulleiterbrief vom 07.03.2023 gibt es noch keine Klarheit zur Umsetzung des Beschlusses. Der Landesvorstand des VBE ist der festen Überzeugung, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist. Spätestens zum 01.04. 2023 muss die Sache detailliert geplant sein. Dann werden wir prüfen lassen – vorher ist dies nicht sinnvoll – ob ein solcher Regierungsbeschluss überhaupt rechtlichen Bestand haben kann.

 

Geschäftsführender Vorstand des VBE Sachsen- Anhalt

Das entsprechende VBE-aktuell kann hier heruntergeladen werden.

 

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