„Chancen eröffnen – Möglichkeiten schaffen“ – Rolle rückwärts bei der Inklusion?

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„Förderschulen werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Schulsystem von Sachsen-Anhalt spielen. Das vorliegende Konzept ist ein klares Bekenntnis zu den Förderschulen.“

(Dem VBE Sachsen-Anhalt lag dieses Konzept bis zum Redaktionsschluss nicht vor.)

„Wir müssen Inklusion vor allem vom Bildungserfolg des einzelnen Kindes her denken. … Die Weiterentwicklung der Inklusion muss deshalb sehr behutsam angegangen werden.“ In der zugehörigen Pressemeldung heißt es weiter: „Das vorgelegte Konzept nimmt vor allem die Sicherung des Elternwillens bei der Wahl des Beschulungsangebotes, eine wohnortnahe Beschulung und bessere Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe, in den Blick.“

Aus den Worten des Bildungsministers Tullner wird ersichtlich, dass ihm die Vorstellungskraft und der Weitblick für eine praktische Umsetzung der grundlegenden Ideen und Gedanken des gemeinsamen Unterrichts und der Inklusion im Bildungsbereich in Sachsen-Anhalt fehlen.

Richtig und wichtig ist, dass auch weiterhin den Förderschulen mit ihren verschiedenen Ausrichtungen eine wichtige Rolle zukommt. So hatte es bereits der Bildungskonvent des Landtages Sachsen-Anhalt am 08. September 2008 beschlossen.

Was allerdings jetzt im Land geschieht, ist das Stiften von Chaos, Unruhe und Perspektivlosigkeit. Und es scheint eine Rolle rückwärts in den Bemühungen um die Inklusion in der Schule zu werden.
Seit über 10 Jahren wurde an vielen Schulen im Land mit großen Mühen der gemeinsame Unterricht eingeführt und aufgebaut, ein schwieriger Weg zumindest in Richtung inklusiver Beschulung beschritten. Viele Förderschulen entwickelten sich zu Förderzentren weiter.
Vor allem aber – diese Veränderungen wurden angenommen von Eltern und ihren Kindern und von den Lehrerinnen und Lehrern sowie den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eltern und allgemeinbildende Schulen wussten und wissen, worauf sie sich einlassen, wenn ein Kind mit Förderbedarf eine Regelschule besuchen soll. Dazu mussten und müssen Unterstützungssysteme aufgebaut werden. Dazu war und ist es notwendig, dass sich die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich als Menschen öffnen und einbringen. Auch die Kolleginnen und Kollegen an den Förderschulen des Landes mussten sich auf die neue Situation einstellen.
Gleichwohl an welchem Schultyp die Förderung der Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf stattfindet, es sollte auf das Wohl des Kindes geachtet werden und es sollte eine qualitative hochwertige Förderung stattfinden. Ohne ausreichende Ressourcen werden sowohl die Beschulung im gemeinsamen Unterricht als auch die Beschulung in der Förderschule zu einer Mogelpackung, die am Ende nur Verlierer kennt.

In der forsa-Umfrage im Auftrag des VBE vom Frühjahr 2017 wurden ganz deutlich die Baustellen benannt:

• das fehlende Personal,
• die mangelhafte räumliche Ausstattung der Schulen und
• die unzureichende Ausbildung der Lehrer für den inklusiven Unterricht,
• eine zu hohe Schüleranzahl in den inklusiven Klassen.

Der VBE Sachsen-Anhalt erwartet, dass die Baustellen endlich geschlossen werden. Damit haben das Bildungsministerium und der Bildungsminister genug Arbeit. Es müssen keine neuen unnötig aufgetan werden.
Gemeinsamer Unterricht, inklusive Bildung – das sind hart erkämpfte politische und gesellschaftliche Ziele. Schulen, die gemeinsamen Unterricht nicht nur anbieten, sondern sich sogar auf den Weg zur inklusiven Bildung begaben, taten dies nicht aus Selbstzweck. Sie taten es aus einer gesellschaftlichen Verantwortung den Kindern und Eltern gegenüber. Das jetzt wieder zurückgerudert werden soll, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Beteiligten und Betroffenen.

Torsten Wahl,
Landesvorsitzender

Fähigkeiten

Gepostet am

4. Februar 2018

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